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Wörgl: Keine Live-Übertragung aus dem Gemeinderat...

Aus Kostengründen und wegen scheinbar fehlendem Bürger-Interesse wird der Wörgler Gemeinderat vorerst nicht im Internet übertragen. Aus Kostengründen und wegen scheinbar fehlendem Bürger-Interesse wird der Wörgler Gemeinderat vorerst nicht im Internet übertragen.
Vieles wird live im Internet übertragen: Konzerte, Sport-Ereignisse, Fest-Umzüge... Auch Gemeinderatssitzungen werden in einigen Gemeinden per Livestream übertragen. In Wörgl wurde dies jedoch klar abgelehnt. Doch wie wird das Thema in anderen Gemeinden gehandhabt?

WÖRGL (aw) 47,29% aller wahlberechtigten Wörgler gaben Ende April bei den Landtagswahlen ihre Stimme ab. Damit lag die Wahlbeteiligung nicht nur 10% unter dem Wert von 2008, nein, die Stadt Wörgl ist in Sachen Bürgerbeteiligung auch Schlusslicht im Bezirk Kufstein.

„Live aus Wörgl“

Ähnliches Desinteresse seitens der Bürger ruft der Wörgler Gemeinderat hervor. Wenn die 21 Gemeinderäte tagen, um öffentlich über wichtige Belange der Stadt abzustimmen, sind meist nicht mehr als eine Handvoll Zuseher anwesend. Eine Situation, die leider auch auf  andere Gemeinden zutrifft. FWL-Fraktionsführerin Carmen Gartelgruber brachte daher im April einen Antrag auf einen Livestream (Internet-Live-Übertragung) aus dem Gemeinderat ein.
„Gemeinderatssitzungen sind zwar öffentlich, jedoch ist es vielen Bürgern aus beruflichen, zeitlichen oder gesundheitlichen Gründen nicht möglich, dabei zu sein“, sagt Gartelgruber. Eine Live-Übertragung im Internet wäre zumindest eine Möglichkeit, um die Politik wieder näher zum Bürger zu bringen. Ein positives Beispiel ist die Stadt Salzburg, die ihre GR-Sitzungen seit Ende 2011 online überträgt. Dazu wurde eine eigene Plattform eingerichtet, in der User miteinander chatten und den Wortmeldungen der Gemeindepolitiker zustimmen oder diese ablehnen können. So nehmen die Bürger quasi aktiv an einer Sitzung teil.
Auch in Wels, Krems oder Waidhofen/Ybbs wird der Gemeinderat live übertragen. Die ÖVP in Linz beantragte 2011 einen Livestream – ein Testlauf brachte angeblich Zuseher-Zahlen von 1.200 Personen. Da andere Fraktionsmitglieder dagegen stimmten, wurde es aber nichts mit der regelmäßigen Übertragung. Ähnlich erging es der Stadt Graz, wo die ÖVP diesbezüglich schon 2007 aktiv wurde. In Wien werden nicht nur Gemeinderats-, sondern auch Landtagssitzungen gefilmt. Eine Idee, die im Tiroler Landtag ebenfalls teilweise umgesetzt wird.

Kamerascheue Politiker

Viele Städte und Gemeinden in  Deutschland sind in Sachen Gemeinderats-Livestream schon weiter. Vor allem in Gemeinden aus der ehemaligen DDR, wie Leipzig, Erfurt, Gera und Jena wird das Angebot gut angenommen. Deutschlands Vorreiter war allerdings Passau in Niederbayern. Seit zwei Jahren werden dort nicht nur Gemeinderats-, sondern auch diverse Aussschuss-Sitzungen übertragen. Während sich in der Testphase (Sommer 2011) noch ein Drittel der Fraktionsmitglieder weigerten aufgenommen zu werden, haben mittlerweile alle ihr Einverständnis gegeben.
Neben kamerascheuen Politikern  scheitern GR-Livestreams häufig an der geringen Nachfrage. Selbst Vorreiter Passau, eine Stadt mit 50.000 Einwohnern, verzeichnet nach anfänglichem Interesse derzeit im Schnitt etwa 50 Zuseher...

Wechner: „Aufwand und Ertrag in keiner Relation“

In Wörgl wurde der FWL-Antrag von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Bgm. Hedi Wechner (SPÖ): „Der Aufwand steht in keiner Relation zum Ertrag. Die genannten Kosten von 3.000,– bis 5.000,– EURO würden klar überschritten werden“. Wechner argumentiert, dass das Interesse in Wörgl selbst bei wichtigen Sitzungen (etwa beim Budget-Beschluss) gering sei. Und: „Selbst Interessierte müssen sich mit der ungünstigen Zeit (Donnerstags ab 18:00 Uhr) engagieren“, bemerkt Wechner. Fakt ist, dass der Live-Stream aber auch als „Konserve“ zum späteren Ansehen gespeichert werden könnte.    

Eine Frage der Transparenz?

Laut der Wörgler Gemeindechefin sei die Frage eines Live-Streams keine Frage der Transparenz. „Transparenz geht auch anders. Wir möchten so transparent wie möglich sein“, erklärt Wechner.
Die antragsstellende Carmen Gartelgruber ist dennoch überzeugt: „Wenn mehr Gemeinden sich für mehr Tranzparenz entscheiden, wird es auch für Wörgl ein unumgänglicher Schritt sein.“
Bis dahin steht der Wörgler wohl weiterhin vor der Entscheidung zwischen der Gemeinderatssitzung und einer Fußball-Übertragung. Zwischen Wechner und Messi. Zwischen Ronaldo und Gartelgruber...
© Rofankurier