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Tirols Politiker reagieren auf AUVA-Reform

Freitag, 31 August 2018
Freigegeben in Politik
Die Verwaltung der AUVA soll verkleinert und Synergien geschaffen werden – insgesamt soll die Allgemeine Unfall-Versicherungs-Anstalt 430 Mio. EURO einsparen. Die Bundes-Politiker meldeten sich dazu vielfach zu Wort. Tirols Politiker kaum – daher hat der ROFAN-KURIER nachgefragt.

ÖSTERREICH - Eine Reform eines kränkelnden Systems solle die AUVA-Reform des Gesundheitsministeriums sein. "Die AUVA wird schlanker, effizienter und für die Zukunft des 21. Jahrhunderts leistbarer", sagt BM Mag. Beate Hartinger-Klein (FPÖ). Aufgaben sollen gebündelt werden und die Synergien genutzt. Insgesamt 430 Mio. EURO will die Ministerin bei der AUVA sparen.
ÖVP-Klubobmann und ÖAAB-Bundesobmann NR August Wöginger erklärt, dass alleine in der Verwaltung 135 Millionen EURO durch Kooperationen und 295 Mio. EURO in Form einer Verlagerung der Leistungen in die ÖGK (gibt es noch nicht) gespart werden sollen.
Auf Bundes-Ebene begrüßen ÖVP und FPÖ die Reform. Die LISTE PILZ ("Reform-Maus"), die SPÖ ("Unwürdiges Hütchenspiel auf dem Rücken der Patienten") und NEOS ("Mutlose Nullnummer") kritisieren die Reform erwartungsgemäß stark.
Auch die Gewerkschaft kritisiert die Reform: "Die Verlagerung von Kosten weg von der AUVA hin zu den Krankenkassen ist nichts anderes als eine gnadenlose Umverteilung auf Kosten der Arbeitnehmer", sagt  Gewerkschafterin Barbara Teiber, MA.

Politische Reaktionen in Tirol

Der Tiroler Gesundheits-Landesrat DI Dr. Bernhard Tilg (ÖVP)  findet es einen legitimen Anspruch der Bundesregierung "die Verwaltung der AUVA effizienter zu gestalten", hätte sich aber "bei der Kommunikation mehr Professionalität erwartet": "Es wurde eine flächendeckende Verunsicherung erzeugt, da nicht alle Systempartner an Bord geholt wurden. Wichtig bei jeder Reform ist, dass die beste Lösung erreicht wird und nicht Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Patienten und Mitarbeiter ausgetragen werden." Probleme für die Reha-Einrichtung in Bad Häring sieht der Gesundheitslandesrat nicht.
In der Tiroler ÖVP ist AK-Präsident und ABB-Tirol-Mitglied Erwin Zangerl einer der größten Kritiker: "Man kann nicht am System sparen, ohne bei den Menschen zu kürzen, egal, wie sehr die PR-Maschinerie der Regierung dies auch beteuern mag", sagt der AK-Präsident. Für ihn versteht die türkis-blaue Regierung unter den Reformen "Millionengeschenke an die Industrie auf Kosten aller!"
Die FPÖ lässt in einer Aussendung wissen, dass KO LA Mag. Markus Abwerzger und Gesundheitssprecher Patrick Haslwanter voll hinter der Reform stehen: "Das Gesundheitssystem wird hier in einem ersten wichtigen Schritt zukunfts-fit gemacht."

SPÖ: "Geschenk für große Unternehmen!"

In die gleiche Kerbe wie Zangerl schlägt auch die SPÖ-Gesundheitssprecherin LA Mag. Elisabeth Fleischanderl: "Das ist keine Gesundheitsreform zum Wohle der Bevölkerung sondern ein Geschenk für die Unternehmen in Form einer Strukturreform. Unternehmen werden entlastet, Krankenkassen mehr belastet und Beschäftigte dadurch vermehrt zur Kasse gebeten", glaubt sie. "Zunächst bleiben alle Unfallkrankenhäuser und Reha-Zentren erhalten. Aufgrund der Undurchsichtigkeit dieser Reform können zukünftige Schließungen aber nicht ausgeschlossen werden", denkt Fleischanderl.  Die SPÖ möchte sich aber weiterhin gegen negative Auswirkungen der Reform einsetzen.

Kritik von GRÜN, Pink, Fritz

Kritik an der Reform der Regierung gab es auch von Seiten der Tiroler GRÜNEN. Gesundheitssprecher Gebi Mair, um den es recht ruhig wurde, seit die GRÜNEN in der Regierung sind, spricht von einem gesundheits-politischen und finanziellen Anschlag auf die Bürger: "Alle Gründe für die Reform sind Vorwände. Dass die Arbeitsunfälle in den vergangenen Jahren weniger geworden sind hat auch mit der Präventionsarbeit der AUVA zu tun. Diese Arbeit einzuschränken ist besonders zynisch. Man weiß nämlich, dass die Arbeitsunfälle mit der Dauer der Arbeit ansteigen. "Entlastung sieht er nur bei den Großbetrieben, "kleine und mittlere Betriebe werden durch den Entfall der Entgeldfortzahlung besonders belastet werden", erklärt Mair.
Für die NEOS Tirol müssen Tiroler Betriebe weiterhin überhöhte Beiträge zahlen: "Aus unserer Sicht, sollten sich die Unternehmen daher künftig ihren Unfallversicherer selbst aussuchen dürfen, wie es viele Tiroler Unternehmen jetzt schon in Form von Zusatz-Unfallversicherungen tun. Stichwort: Versicherungspflicht statt Pflichtversicherung", sagt NEOS-Klubdirektor, MMag. Phillipp Jurschitz.
Die LISTE FRITZ kritisiert vor allem die Vorgehensweise von BM Hartinger-Klein: "Die Ministerin ist mit einer unausgegorenen und unmöglichen Spar- und Zerschlagungs-Attacke an die Öffentlichkeit gegangen. Die dadurch ausgelöste, monatelange Unsicherheit bei Patienten und Mitarbeitern war völlig unnotwendig und fahrlässig. Die jetzt verkündete ‚Reform‘ der türkis-blauen Bundesregierung ist im Wesentlichen ein Zuckerl für die Wirtschaft, ein Nicht-Nachbesetzen von pensionierten Mitarbeitern und ein Abschieben der Kosten auf die Arbeitnehmer", sagt die Obfrau der LISTE FRITZ, Dr. Andrea Haselwanter-Schneider. (mk)

In der Interview-Reihe des ROFAN-KURIER spricht diesmal der Obmann der Tiroler Gebiets-Krankenkasse, Bgm. Michael Huber aus Stans über die neue Nacht-Bereitschaftsnummer „141“, mit der Bürgerinnen und Bürger in teilnehmenden Gemeinden auch in der Nacht einen Hausarzt erreichen.

TIROL (rr) Michael „Mike“ Huber ist Baujahr 1958, er ist verheiratet, lebt in Stans, wo er seit 2010 auch Bürgermeister ist und hat zwei erwachsene Kinder.
In Mödling besuchte er die Sozialakademie. Zwischen 2000 und 2011 war er Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden bei Swarovski. Innerhalb der Sozialversicherung war er bei der AUVA in der Landesstelle Salzburg und in der Hauptstelle Wien als Obmann-Stellvertreter tätig. Seit 2008 ist er Obmann der Tiroler Gebiets-Krankenkasse TGKK.

Seit Anfang 2011 wird Schritt für Schritt der „Nacht-Bereitschaftsdienst“ in Tirol eingeführt. Unter der Telefonnummer 141 kann in teilnehmenden Gemeinden auch in der Nacht ein Hausarzt aus der Umgebung erreicht werden.
Teilnehmende Ärzte erhalten dafür 170,- EURO Bereitschaftsgeld pro Nacht und das doppelte Visite-Honorar. Dafür spart sich der Steuerzahler eventuell Notarzt- und Rettungseinsätze bei leichteren Fällen.

ROKU: „Seit wann arbeiten die Kassen und die Landesregierung an der Einführung der Nachtbereitschaft?“

HUBER: „Nach zweijähriger Vorbereitungszeit erfolgte nach entsprechender Beschlussfassung des Tiroler Gesundheitsfonds (TGF) mit Beginn 2011 der Startschuss für dieses Projekt in acht Pilotsprengeln.“

ROKU: „Wie viele Gemeinden nehmen tirolweit bereits an dieser Aktion teil?“

HUBER: „Es ist derzeit in 34 von 51 Sprengeln der Nachtbereitschaftsdienst (Nacht-BD) eingerichtet. Es nehmen 127 Vertrags- und Wahlärzte für Allgemeinmedizin teil. Davon profitieren bereits die Bürger in 123 Tiroler Gemeinden.“

ROKU: „Was kostet die Nachtbereitschaft flächendeckend und wer bezahlt das?“

HUBER: „Die Kosten für die reine Bereitschaft – also nicht für die erbrachten ärztlichen Leistungen – wurden bei einem flächendeckenden Ausbau mit 2,26 Mio. EURO festgesetzt. Davon trägt der TGF 1,66 Mio. EURO und das Land Tirol  300.000,-  EURO. Die restlichen 300.000,- EURO werden von den Tiroler Krankenversicherungs-Trägern anteilsmäßig finanziert.“

ROKU: „Wenn diese Aktion für die Gemeinden kostenlos ist: Warum nehmen etliche noch nicht daran teil?“

HUBER: „Entscheidend für die Teilnahme ist die Bereitschaft der Ärzte. Die Bürgermeister in den Gemeinden können lediglich positiv darauf einwirken, dass sich die Ärzteschaft für eine gute nächtliche Versorgung der Bevölkerung einsetzt.“

ROKU: „Ihr Heimatbezirk Schwaz gilt als Vorreiter: Hier sind – bis auf den Sprengel Fügen – alle Gemeinden dabei. Warum wollen die Fügener nicht?“

HUBER: „Das weiß ich nicht... An einer nicht ausreichenden Anzahl von Ärzten kann es nicht gelegen sein, da es im Sprengel sieben Vertrags- und Wahlärzte für Allgemeinmedizin gibt.“

ROKU: „Was sind die Vorteile der 141er-Rufnummer?“

HUBER: „Um nur einen zu nennen: Der Patient oder Angehörige müssen nicht lange schauen, wer  Dienst hat oder nach Telefonnummern suchen.“

ROKU: „Wird diese Aktion langfristig Geld sparen? Schließlich muss nicht immer gleich ein Notarzt-Team ausrücken, wenn es in der Nacht einen Anlassfall gibt…“

HUBER: „Vorrangiges Ziel   ist für uns freilich die Verbesserung der wohnortnahen Versorgung in den Nachtstunden von 19:00 Uhr bis 07:00 Uhr auch unter der Woche. Wir hoffen aber auch, dass es zu einer Entlastung der Spitalsambulanzen und des Rettungs- und Notarztsystems kommt, wenn unnotwendige Ambulanzkontakte – mit oder ohne Anforderung eines Rettungsdienstes – vermieden werden können.“

ROKU: „Was passier t, wenn jemand in einer Gemeinde, die nicht an der Aktion teilnimmt, 141 wählt?“

HUBER: „Nachdem 141 gewählt wird, meldet sich eine Stimme, die nach der Postleitzahl fragt. Nach Eingabe der Postleitzahl des Standortes mit der Tastatur des Telefons erhält der Anrufer den Hinweis, dass für seine Gemeinde noch kein Nacht-BD verfügbar ist. Er muss dann den Hausarzt oder eben die Rettung anrufen. Weiters erhält er die Servicenummer 14844 für den Krankentransportdienst mitgeteilt.“

ROKU: „Danke für das Gespräch!“

© Rofankurier