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TTIP: "Regierung kennt jeden Beistrich!"

Montag, 28 November 2016
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Der EU-Abgeordnete Michel Reimon (GRÜNE) besuchte im Rahmen einer kleinen Tirol-Tour das Museum der Völker in Schwaz. Zusammen mit Viktoria Gruber, Bezirks-Sprecherin der GRÜNEN, präsentierte er seine Sicht der Dinge in Sachen Freihandelsabkommen, TTIP und CETA.

Schwaz - "Wir vergiften uns beim Chlorhuhn nicht", sagt Michel Reimon, EU-Abgeordneter der GRÜNEN. Er vergleicht das Chlorhuhn mit dem Schwimmen im Chlorwasser eines Schwimmbades. "Nach dem Schwimmen geht man unter die Dusche..."
Bei den Hühnern funktioniert das gleich: Sie werden zuerst mit Chlor behandelt, dann abgewaschen und sind sauber.
Bei der Ablehnung des Chlorhuhnes geht es um etwas anderes: "In den USA gibt es mehrstöckige Zuchtanlagen für Hühner und die ‚untersten‘ leben im Dreck der oberen." Für diese grausame Tierhaltung steht das Symbol des Chlorhuhns! Produkte aus solchen Umständen werden mit TTIP in Europa auf den Markt kommen.

TTIP bringt US-Produkte ungeprüft in Europas Regale!

Bei den Freihandelsabkommen geht es um die Öffnung des europäischen Marktes für ausländische Produkte. "Wenn etwas in den USA auf dem Markt ist, dann kann es durch TTIP auch auf unseren Markt kommen, ungeprüft", erklärt Reimon die "gegenseiteige Anerkennung". Das Problem dabei ist, dass die amerikanischen Produkte billiger in den Supermarkt-Regalen stehen werden, als die einheimischen. "US-Standards kommen durch TTIP auch in die österreichischen Tiefkühltruhen. Ich prognostiziere, dass die österreichische Landwirtschaft dadurch auf Dauer nicht mehr konkurrenzfähig sein wird. Dann muss die Politik unsere Standards senken und dadurch sinken die Preise für die einheimische Landwirtschaft", vermutet Reimon. Es gibt keine direkte Anpassung an den US-Standard, sondern eine, durch den Markt geregelte, langfristige Abwertung heimischer Standards.

Trump als Retter vor TTIP?

"Die Wahl von Donald Trump als Präsident der USA war für die Verhandler von TTIP ein Schock.  Jedoch war Trump bei der Ablehnung von TTIP nicht deutlich genug. Es gibt trotzdem noch Schlupflöcher", sagt Michel Reimon. Zum Beispiel könnte Trump das "große" TTIP zerschlagen und schließt mehrere "kleinere" Abkommen mit Europa ab. Diese würden statt alle Branchen nur gewisse Teile, z.B. die Pharmaindustrie, betreffen.
Auch CETA ist in Kanada nicht mehr ohne Kritiker. Durch die gegenseitige Anerkennung könnten europäische Dienstleister auf den kanadischen Markt kommen, was in Kanada auf Gegenwind stößt.

Neue Generation von Freihandelsabkommen

TTIP, CETA und Co sind eine neue Generation von Freihandelsabkommen der EU mit anderen Staaten. Dabei werden mehrere Branchen zusammengefasst und alle zusammen ausverhandelt. Zwischen den Verhandlungspartnern heißt es, "nehmt alles oder nichts". Geplant sind solche Abkommen unter anderem mit Australien, Neuseeland, China oder auch mit ostafrikanischen Ländern.
Diese Freihandelsabkommen wird man aber nicht sofort spüren. Es wird eine schleichende Ausbreitung geben, denkt Reimon. Darin sieht er eine große Problematik: "Wir kämpfen nun gegen TTIP, CETA, etc., aber wenn es doch kommt, sind die Auswirkungen für den Konsumenten nicht sofort sichtbar. Erst in drei bis fünf Jahren werden diese sichtbar ..."

Reimon: "Regierung kennt jeden Beistrich von TTIP!"

Laut Reimon ist dem österreichischen Parlament genau bekannt, was da unterzeichnet wird. Die EU handelt das Abkommen aus, aber jeder Punkt ist mit der Regierung abgesprochen: "Mitterlehner kennt jeden Beistrich!" "Die Abkommen wiedersprechen den Interessen der Lokalpolitik, der Bevölkerung und der Bauern, deshalb arbeiten wir mit denen zusammen", sagt der TTIP- und CETA-Gegener Michel Reimon. (mk)

CETA: Kommt TTIP über die Hintertür?

Mittwoch, 06 Juli 2016
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Seit der Veröffentlichung der geheimen Dokumente der TTIP Verhandlungen ist dieses Thema in aller Munde. Weniger bekannt ist aber, dass das Freihandelsabkommen mit Kanada, CETA, ebenso gefährlich für die heimische Umwelt und die heimische Wirtschaft ist. Die Europäischen Staaten sind gespalten ...

International - Die Mehrheit der europäischen Bürger konzentriert sich auf das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA. Währenddessen wurde aber das Freihandels-Abkommen "CETA" zwischen Europa und Kanada ebenfalls still und heimilch fix fertig ausgehandelt. Jetzt streitet die EU darüber, ob die National-Staaten überhaupt über die Einführung im jeweiligen Land abstimmen dürfen, oder ob das Abkommen durch die Zustimmung der EU ohnehin für alle gilt! US-Firmen könnten über CETA ganz leicht "Freihandel" mit der EU betreiben, wenn sie nur eine Filiale in Kanada haben. CETA  umfasst 1.634 Seiten und wurde von den ehemaligen Präsidenten der EU, Herman van Rompuy und José Manuel Barroso, im September 2014 verabschiedet. Die Versprechungen für die Aufgabe der Selbst-Bestimmung sind immer die gleichen: EU-weit soll der Handel mit Waren und Dienstleistungen um 23% steigen. Das würde rund 12 Milliarden EURO zusätzlich zum jährlichen BIP der EU beitragen. Offiziell in Kraft treten wird CETA, sofern es ratifiziert wird, schon 2017.

ÖVP und NEOS dafür, alle anderen dagegen!

Der Präsident der Wirtschaftskammer, Christoph Leitl, sieht in CETA eine Chance für Europa: "Das Kanada-EU-Freihandelsabkommen birgt große Chancen für die österreichische Wirtschaft" Außerhalb der Wirtschaftskammer ist man skeptischer. Nur die NEOS und die ÖVP sind CETA  (in Worten: "Comprehensive Economic and Trade Agreement")  nicht abgeneigt. Jedoch spricht sich die ÖVP in Person von Klubobmann Reinhold Lopatka dagegen aus, dass CETA zur Zuständigkeit der EU erklärt wird. "Wir sind der Meinung, dass es sich bei CETA eindeutig um ein gemischtes Abkommen handelt, das auch von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden muss", sagt Reinhold Lopatka dem ROFAN-KURIER. Die GRÜNEN würden im Falle einer Abstimmung gegen CETA stimmen.

Wer darf entscheiden?

Anfang Juli will sich die Europäische Kommission zusammensetzen und entscheiden, ob sie CETA mit oder ohne die Zustimmung nationaler Parlamente beschließen lassen will. In der Brüsseler Behörde herrscht die Meinung, dass Parlamente an der Ratifizierung nicht beteiligt werden müssen. Österreich ist hier, ebenso wie Deutschland und die meisten der EU Staaten, der gegenteiligen Meinung. Um sich gegen die Europäische Kommision durchzusetzen braucht es allerdings Einstimmigkeit unter den Europäischen Ländern. Nur sind zum Beispiel die Italiener der Meinung, dass Freihandelsabkommen nicht am Widerstand eines Parlaments scheitern dürfen. Hier wird es zu einem Machtkampf zwischen EU und den Freihandelsabkomder men-kritischen Staaten wie Österreich, Deutschland, Luxemburg kommen. Die endgültige Entscheidung liegt beim Europäische Gerichtshof (EuGH).
Dass neben CETA noch an TTIP (Transatlantisches Freihandelsabkommen mit den USA) gebastelt wird, ist bekannt, nur gibt es darüber hinaus auch noch (teilweise weit fortgeschrittene) Pläne für Abkommen mit China, Indien, Russland, Japan, Saudi Arabien und Singapur.

CETA gleich TTIP?

Kritiker bezeichnen CETA als die Blaupause zu TTIP. 42.000 amerikanische Unternehmen könnten durch CETA sogar TTIP umgehen. Diese Unternehmen verfügen über Tochterfirmen in Kanada und würden so in den Genuss von CETA kommen. In beiden Abkommen geht es laut know-ttip.eu um Liberalisierung und Privatisierung, juristische Sonderstellungen für Konzerne, Urheberrecht, Arbeitsrecht, öffentliche Beschaffung, um Agrar-Richtlinien und um die Umwelt. Auch der viel kritisierte Investorenschultz (ISDS) ist in beiden Abkommen verankert. (mk)
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