
Die Kramsacherin Astrid Mair ist für die ÖVP in der Landesregierung. Zur Halbzeit in der Regierung fordert sie „Zivildienst für Mädchen“ und eine Änderung im Asylwesen...Land Tirol
Die Landesrätin im Halbzeit-Interview
"Halbzeit" heißt es aktuell für die Tiroler Landesregierung. Halbzeit damit auch für Neo-Landesrätin Astrid Mair (ÖVP) aus Kramsach. Der ROFAN-KURIER hat die Unterländerin aus diesem Anlass zum Exklusiv-Interview gebeten.
KRAMSACH/TIROL 2022 verlor die ÖVP in Tirol etwa 22.500 Stimmen, also 20% ihrer Wähler. Sie kam aber immer noch auf 120.000 Stimmen oder 34,7 %. Angesichts des Wahlergebnisses war eine Koalition mit der SPÖ wahrscheinlich. Und neue Gesichter mussten her. Die Wahl fiel (im Bezirk KU) schließlich auf LR Astrid Mair aus Kramsach. Sie war damals politisch weitgehend unbekannt, ihr Wahlergebnis im Bezirk war überschaubar. Unter Kritik aus den eigenen Reihen wurde die dem konservativen Flügel in der ÖVP zugeordnete Quereinsteigerin dann zur Landesrätin...
ROKU: "Manche `Parteifreunde´ haben bei Deiner Ernennung gesagt, Du hast politisch im Land kaum Einfluss. Denkst Du, sie sagen das noch immer?"
MAIR: "Dadurch, dass ich nicht in der Partei gewachsen bin, kann dieser Eindruck entstanden sein. Aber ich denke, dass man mich mittlerweile in der Partei kennt und schätzt und sich das Blatt durchaus gewendet hat."
ROKU: "Günther Platter sagte einmal bei einem Kletter-Termin zu mir, er ist froh, dass das Seil oben kein Parteifreund hält… wie siehst du das?"
MAIR (lacht): "Dem kann ich durchaus etwas abgewinnen… Günther hat natürlich einige Erfahrungswerte..."
ROKU: "Was sagst Du zur Aufregung um den Ehrenring für Günther Platter?"
MAIR: "Dieses Missgeschick wirft kein ideales Bild auf die Sache. Es war ein Formalfehler, aber offenbar gültig, weil die Absicht ja immer war, ihm diesen Ehrenring zu geben..."
ROKU: "Tirol wurde unter Schwarz-Grün für Asylwerber zum finanziell interessantesten Bundesland in Österreich. Neben Wien. Interessiert das in der Landesregierung irgendjemanden?"
MAIR: "Ich denke, dass hier dringend eine Vereinheitlichung her muss. Dann hört sich das auf, dass man sich als Asylwerber dort niederlässt, wo man am meisten bekommt. Man hat als Asylwerber bestimmte Rechte, aber auch Pflichten. Es darf außerhalb der Grundversorgung nichts mehr übrigbleiben, wenn diese Pflichten nicht eingehalten werden. Wer Geld bezieht, muss auch etwas leisten. Unter Leistung verstehe ich: Deutsch lernen, Werte akzeptieren, willig sein sich zu integrieren. Wenn jene, die kommen, auch arbeiten, müssen wir sie nicht in Bundes- oder Landesunterkünften unterbringen. Leider haben wir immer noch zu viele Leute, die seit 2015, 2016 in Tirol sind und nichts arbeiten."
ROKU: "Was ist das grundlegende Problem?"
MAIR: "Eigentlich dürfte niemand ohne gültige Reisedokumente Europa betreten. Warum? Weil wir in Wahrheit niemanden mehr zurückschicken können, von dem wir keine gesicherte Identität haben. Diese Leute ohne Pass verlieren zwar die Reisedokumente – aber nie ihr Handy… das ist die Wahrheit aber viele Leute wissen das nicht. Der Großteil unserer alten Regelwerke in diesem Bereich müsste dringend angepasst werden. Ohne das können wir kaum etwas machen."
ROKU: "Du hast eine Verschärfung gegen Bettler-Netzwerke auf den Weg gebracht..."
MAIR: "Das ist eine Verordnung, genauer die Organstraf- und Anonymverfügungs-Verordnung. Dafür ist LH Toni Mattle zuständig. Aber für das Lands-Polizeigesetz bin ich zuständig. Ich konnte erwirken, dass hier z.B. Bettelei und weitere Bereiche geregelt werden und, dass man der Exekutive das Rüstzeug in die Hand gibt, um diese Tatbestände auch entsprechend zu bestrafen. Aggressives Betteln kostet künftig 40,– EURO – also Leute ansprechen, aufhalten, aufdringlich sein. Sich wo hinsetzen und still einen Becher aufstellen, ist nicht strafbar. Geändert werden auch die Kosten für Leinenzwang: Wenn es die Gemeinde ausweist, kostet die Nichteinhaltung künftig 40,– EURO. Lärmerregung kostet künftig 50,– EURO."

ROKU: "In Tirol ist es offenbar OK, wenn man schreit "Scheiß Polizei". Zumindest sieht das der Landes-Verwaltungsgerichtshof in Innsbruck so. Man dürfe das im Rahmen der freien Meinungs-Äußerung bei Versammlungen durchaus. Was sagst Du dazu?"
MAIR: "Da kann ich nur den Kopf schütteln. Ich nehme das zur Kenntnis. Aber aus der Sicht der Exekutiv-Beamtin und als Politikerin muss ich sagen: Auch im Rahmen einer Demo kann man einen gewissen Anstand erwarten. Für mich eine unverständliche Entscheidung."
ROKU: "Möchtest Du noch einen Regierungs-Periode dranhängen? Oder ist das Projekt für Dich nach dieser Periode eher beendet?"
MAIR: "Mir gefällt die Arbeit in der Regierung sehr gut, ich möchte wenn möglich gerne noch eine Periode dranhängen, ich bin oft bei den Leuten draußen und möchte noch einiges bewegen in Tirol. In der nächsten Periode würde ich gerne ein zusätzliches Ressort übernehmen."
ROKU: "Was wäre nach einem eventuellen Ende einer Polit-Karriere ein berufliches Ziel? Landes-Polizeidirektion?"
MAIR: "Ich habe immer gesagt "einmal Polizei, immer Polizei", aber das ist ein weiter Blick in die Zukunft. Hier Prognosen zu machen, wäre sehr verfrüht."
ROKU: "Was ist aus Deiner Sicht Dein wichtigster Erfolg als Landesrätin?"
MAIR: "Eigentlich war das die Errichtung des Katastrophenschutz-Zentrums. Hier gab es immer Bestrebungen, um viele Millionen EURO etwas Neues zu bauen. Wir kamen dann aber auf die Idee, das am Mentelberg zu machen. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz – man hätte es sowieso sanieren müssen. Das kostet jetzt um die 40 Millionen… Hier können wir endlich Abteilungen zusammenfassen, für die wir jetzt noch Miete zahlen. Wir haben hier dem Bürger im Vergleich zu einem Neubau sicher 50 bis 60 Millionen Euro gespart."
ROKU: "Halbzeit: Wie beschreibst Du das Verhältnis zur SPÖ, wie läuft die Koalition?"
MAIR: "Gut… ich denke, dass wir gut miteinander arbeiten, vertrauensvoll miteinander umgehen. Es herrscht hier auch eine gewisse Sympathie. Wir acht in der Regierung passen ganz gut zusammen..."
ROKU: "Wie beurteilst Du die aktuelle Entwicklung in der Koalition – kann es hier eine Fortsetzung mit einer weiteren Periode geben? Oder wurde diese bereits abgesprochen…"
MAIR: "Die aktuelle Koalition läuft sehr gut. Wie die nächste Koalition in Tirol ausschaut, wird auch vor allem der Wähler entscheiden. Wenn es Kräfteverschiebungen gibt, wird man das respektieren müssen."
ROKU: "Was liegt Dir besonders am Herzen?"
MAIR: "Ich bin auch für die Zivildiener zuständig. Ich denke, man muss hier dringend eine Novelle angehen: Wer bei der Musterung nicht für den Wehrdienst tauglich ist, darf nicht automatisch auch untauglich für den Zivildienst sein. Wer für den Wehrdienst nicht tauglich ist, kann sehr wohl noch für den Zivildienst tätig werden, in diversen Funktionen. Außerdem müsste man das auch für Mädchen verpflichtend machen. Im Sinne der Gleichberechtigung. Das habe ich bereits bei der neuen Bundesregierung eingebracht. Man sollte das Wehrgesetz diesbezüglich anpassen. Und wir bräuchten die zusätzliche Hilfe in allen Bereichen wirklich dringend…"
ROKU: "Du bist sehr aktiv bei der Feuerwehr-Partnerschaft mit Kroatien. Warum gehen Tiroler Feuerwehr-Fahrzeuge, wenn sie ausgemustert werden, nicht an bedürftigere Länder, sondern an Kroatien?"
MAIR: "Ja, das glaubt man. Urlaub, EU-Mitglied etc… aber im Hinterland von Kroatien sieht man immer noch die Spuren des Krieges, hier gibt es teilweise nicht einmal fließendes Wasser in den Gemeinden, in den Wohnungen. Kroatien ist ganz anders strukturiert. Man glaubt das vielleicht nicht, aber unsere Hilfe wird hier dringend gebraucht. Kroatien nimmt das Projekt sehr ernst, will ein Freiwilligensystem aufbauen und wir können hier einen wichtigen Beitrag leisten."
ROKU: "Der Zivilschutz ist Dir sehr wichtig: Früher mussten Tirols Supermärkte einen Katastrophen-Vorrat vorhalten und erhielten dafür Geld vom Land. Das ist meines Wissens gefallen. Denkt man hier an eine Neuauflage oder eher nicht…"
MAIR: "Nein, das ist aktuell kein Thema. Ehrlicher Weise muss das Land auch sparen. Und ich denke auch, dass die Leute eine gewisse Eigenverantwortung für eine Bevorratung haben müssen. Bei einem Blackout wäre auch z.B. ein Spar-Markt ohne Strom… Die Verteilung wäre problematisch."